Thursday, June 5, 2014

Draghis geldpolitischer Voetbal Totaal

Mit Mann und Maus in den Angriff, um endlich das entscheidende Tor gegen Krise, Rezession und Deflation zu schießen. So kurz vor Beginn der Fußball-Weltmeisterschaft hat EZB-Präsident Mario Draghi sich für Italiener untypisches Offensivspiel entschieden. Eine Art geldpolitischer Voetbal Totaal. Anfang Mai gab Mario Draghi sein geldpolitisches Catenaccio auf. Der Satz, dass die EZB „komfortabel“ war mit neuen Maßnahmen im Juni hat seitdem die Phantasien von Marktteilnehmern beflügelt. Aber was kann die EZB eigentlich liefern? Viel und gleichzeitig wenig. Eigentlich bestehen fast alle theoretischen Instrumente nicht den Praxistest. So riefen die anglo-sächsischen Analysten sofort nach Quantitative Easing. Sie meinen damit das Aufkaufen von Staatsanleihen, Unternehmensanleihen und anderen Wertpapieren. So wie die amerikanische und britische Notenbanken es schon vorgemacht haben. Vergessen wird dabei allerdings, dass die Höhe von Renditen auf Staatsanleihen schon länger kein Problem mehr ist. Und gleichzeitig ist es nur schwer vorstellbar, dass die EZB z.B. ein französisches Abweichen von Sparzielen mit dem Aufkaufen von Staatsanleihen belohnen würde. Ganz zu schweigen von den Schlangen, die sich in Deutschland vor dem Bundesverfassungsgericht bilden würden. Zudem können sich Unternehmen, die selber Anleihen ausgeben, vor Nachfrage gar nicht retten und brauchen wirklich keine zusätzliche Unterstützung der EZB. Bliebe nur ein Programm zum Ankurbeln der Mittelstandskredite. Die EZB überlegt daher, dem brachliegenden Markt für verpackte Mittelstandskredite neues Leben einzuhauchen. Nicht einfach in Zeiten von Bankenstresstests. Ein letztes Instrument, das häufig genannt wird, sind negative Einlagenzinsen. Normalerweise verzinst die EZB Geld, das Geschäftsbanken bei ihr kurzfristig parken mit dem Einlagenzins. Ein negativer Einlagenzins würde Banken beim Geldparken eine Gebühr aufbrummen. Es gibt zwei theoretische Argumentationen hinter so einem Schritt. Einerseits soll so eine Parkgebühr Banken dazu anregen, die Kreditvergabe wieder anzukurbeln. Anderseits könnte eine Parkgebühr auch ausländische Investoren abschrecken und so den Wechselkurs des Euro etwas abschwächen. Wie so häufig überzeugt die Theorie allerdings nicht in der Praxis. Einige kleinere Länder haben in den letzten Jahrzehnten mit einem negative Einlagenzins experimentiert; zuletzt z.B. Dänemark. Während die Kreditvergabe fast gar nicht reagierte, sah man wenigstens einen kleinen Einfluss auf den Wechselkurs. Ob das jedoch auch im Euroraum funktioniert, ist mehr als fraglich. Ausländische Investoren, die in letzter Zeit wieder vermehrt südeuropäische Staatsanleihen gekauft haben, werden durch negative Zinsen überhaupt nicht tangiert. Ganz im Gegenteil. Weiterer EZB-Aktionismus könnte das Vertrauen in den Euroraum weiter stärken und sogar zu einer Aufwertung des Euro führen. Draghi scheint überzeugt vom Angriffsfußball. Daher wird es heute wohl eine altherkömmliche Leitzinssenkung geben, garniert mit Elementen nach dem Motto „nützt es nicht so schadet es auch nicht“ wie dem negativen Einlagenzins und mehr Liquidität. Vielleicht hätte jemand Draghi sagen sollen, dass der niederländische Voetbal Totaal zwar die Herzen der Fans, jedoch nie einen WM-Titel gewonnen hat.

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